Antrag: Sprachkurse des Landes für Erwachsene voranbringen!

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90 Die Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Erwerb der deutschen Sprache ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration und die gesellschaftliche Teilhabe in Deutschland. Vor dem Hintergrund der aktuell wieder hohen Zahl Geflüchteter in Niedersachsen sieht der Landtag einen erhöhten Bedarf, diesen Menschen frühzeitig und unbürokratisch nach ihrer Ankunft in Niedersachsen beim Erwerb der deutschen Sprache zu helfen. Denn gerade auf dem Arbeitsmarkt wird häufig der Nachweis eines höheren Sprachniveaus erwartet. In seiner Verantwortung für die Integration der nach Deutschland Geflüchteten bietet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) u.a. mit Integrationskursen, Erstorientierungskursen und berufssprachlichen Kursformaten Maßnahmen zur sprachlichen Förderung der Geflüchteten an. Die Angebote des Bundes sind jedoch aufgrund der großen derzeitigen Herausforderungen nicht ausreichend und es sind teilweise lange Wartezeiten hinzunehmen. Eine temporäre Erhöhung der Mittel für die landesfinanzierten Maßnahmen der Sprachförderung ist deshalb notwendig, um die Angebote des Bundes zu ergänzen, frühzeitig einen niedrigschwelligen Einstieg in die Sprachförderung zu gewährleisten und Bildungsketten bis hin zur beruflichen Integration abzusichern.

Über die in den Landesaufnahmebehörden (LAB NI) angebotenen Kurse, die nur die dort Untergebrachten erreichen, wird mit dem Sprachförderprogramm des Landes Niedersachsen darüber hinaus sichergestellt, dass allen in Niedersachsen Schutz suchenden Menschen, unabhängig von ihrem Herkunftsland und ihrem aktuellen rechtlichen Status, der Zugang zu Sprachfördermaßnahmen gewährt wird.

Vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen und geopolitischen Lage wollen wir das Angebot des Landes weiter und bedarfsgerecht ausbauen.  Insbesondere Sprachkurse für Frauen und Eltern, die eine Kinderbetreuung während der Kurszeiten benötigen, können mit dem bestehenden Mittelansatz nicht in ausreichendem Umfang angeboten werden. Für die gesellschaftliche Teilhabe Aller bedarf es daher weiterhin zielgruppenspezifischer Angebote. Eine adäquate Kinderbetreuung ist dafür ein wesentlicher Teil. Dadurch werden zudem auch die Kinder der Teilnehmenden mit Teilhabe- und Integrationsmaßnahmen erreicht.

Im ländlichen Raum können Kurse in Einzelfällen nicht zustande kommen, weil die geforderten Mindestteilnehmerzahlen nicht erreicht werden. Für ein dezentrales Angebot dieser Kurse im ländlichen Raum müssen wir Ausnahmeregelungen schaffen. Die Teilnehmendenzahlen sollten im Bedarfsfall auf Antrag flexibilisiert werden können. Bei kleinerer Teilnehmerzahl wird außerdem die Lerneffizienz in aller Regel noch erhöht.

Um ein gesteigertes Kursangebot gewährleisten zu können, ist qualifiziertes Lehrpersonal erforderlich. Außerdem sollten mehr Ehrenamtliche zu Sprachbegleiter*innen für Geflüchtete fortgebildet und hauptberuflich tätige Dozent*innen für diese Schulung von Ehrenamtlichen gewonnen werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. das Sprachförderangebot des Landes, das Geflüchteten unabhängig von ihrem Herkunftsland und ihrem aktuellen rechtlichen Status offensteht, möglichst auszubauen und dem gestiegenen Bedarf anzupassen. Dabei sollen besonders Angebote für Frauen und Eltern hinsichtlich Kinderbetreuung und eine bedarfsangepasste Mindestteilnehmendenzahl in den Fokus genommen werden.
  2. durch Weiterbildungsangebote sicherzustellen, dass weitere Dozent*innen für Deutsch als Zweitsprache und Deutsch als Fremdsprache weitergebildet werden.

Begründung

Nachdem in den Jahren 2015/2016 deutlich mehr Geflüchtete als in den Jahren zuvor nach Niedersachsen gekommen waren, waren die Zugangszahlen während der Pandemie wieder zurückgegangen.

Seit 2015 wurden rund 106.000 Kursteilnehmende mit den Sprachförderprogrammen des Landes erreicht. Dafür wurden knapp 163 Mio. Euro bereitgestellt.

Aktuell laufen die in 2022 begonnenen Programme SGF6 (Frauensprachkurse) und SEG8 (Basis- und Vertiefungssprachkurse) landesweit mit insgesamt 3.162 Teilnehmenden in 212 Kursen. Der Mittelabfluss ist mit 95 Prozent Nutzungsquote sehr hoch.

Jedoch lagen 2022 bereits die Antragszahlen und die damit gemeldeten Bedarfe deutlich über den bewilligten Mitteln. Bei den SEG-Kursen konnten von 508 Anträgen nur 167 Kurse bewilligt werden, bei den SGF-Kursen konnten von 172 Anträgen 46 bewilligt werden. Dies entspricht einer Förderlücke von rund 470 Kursen bzw. etwa 10 Mio. Euro Fördermitteln.

Mit dem Nachlassen der pandemiebedingten Einschränkungen sind die Zahlen der nach Niedersachsen kommenden Geflüchteten inzwischen allerdings wieder deutlich angestiegen.

Das federführende Ministerium für Wissenschaft und Kultur hat im Jahr 2015 in enger Abstimmung mit den niedersächsischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung ein Programm aufgelegt, mit dessen Hilfe die zur Verfügung stehenden Finanzmittel direkt und unbürokratisch zur Förderung von Maßnahmen zum Spracherwerb eingesetzt werden konnten. Diese Maßnahmen standen und stehen ohne Zugangsvoraussetzungen allen Geflüchteten offen und sind unabhängig von deren rechtlichem Status und Sprachniveau.

Das Sprachförderprogramm des Landes bietet Einrichtungen und Teilnehmer*innen ein hohes Maß an Flexibilität und zeichnet sich durch unterschiedliche vor Beginn des Kurses in einem didaktischen Konzept festzulegende Zielsetzungen aus, z. B. Erreichen eines Sprachniveaus nach dem Europäischen Referenzrahmen, Alphabetisierung, Kombination mit Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration. Die Kurse werden den Bedürfnissen der Teilnehmer*innen entsprechend ihrer individuellen Lebens-, Bildungs- und Berufsbiografie im Sinne gelingender Bildungsketten angepasst. Auch Wiederholungen oder Kursfortsetzungen werden somit ermöglicht.

Im Rahmen des aus dem Ersten und Zweiten Nachtragshaushalt 2015 resultierenden Maßnahmenpakets des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur zur Sprachförderung im Bereich der Erwachsenenbildung hat das Ministerium ebenfalls ein Förderprogramm zur Unterstützung Ehrenamtlicher in Höhe von 300.000 Euro aufgelegt. Damit sollte sichergestellt werden, dass das Sprachförderprogramm zur Vermittlung von Grundkenntnissen der deutschen Sprache, das allen Geflüchteten ohne Zugangsvorrausetzungen offensteht, schnell und effektiv umgesetzt werden konnte. Mit der „Fortbildungsoffensive Ehrenamtliche als Sprachbegleiter für Flüchtlinge“ sollten diese ehrenamtlichen Sprachbegleiter*innen eine Basisschulung zum Umgang mit Geflüchteten und zur Vermittlung der deutschen Sprache erhalten, indem hauptberuflich tätige Dozent*innen eine Weiterbildung für die weitere Schulung von Ehrenamtlichen erhalten. Zudem fand anlässlich dieser Maßnahme eine Sichtung und Bewertung des auf dem Markt verfügbaren Lehrmaterials für die Sprachvermittlung an Geflüchtete statt. Außerdem wurde geeignetes Lehrmaterial für die ehrenamtlichen Helfer*innen erstellt, das diese bei der Durchführung der Sprachkurse unterstützen sollte.

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