Antrag: Rassismus entschieden entgegentreten – Landesaktionsplan gegen Rassismus erstellen
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90 Die Grünen
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Rechtsstaat, Demokratie und Vielfalt werden immer wieder bedroht und angegriffen, wie die Anschläge von Halle und Hanau sowie die allgemeine Zunahme an rassistisch motivierten Hasskampagnen und Straftaten zeigen.
Rassismus zeigt sich jedoch nicht erst durch Gewalt und Terror, sondern beginnt mit dem Ausschluss und der Abwertung von Menschen, die vermeintlich „anders“ oder „fremd“ sind. Rassismus führt zu Benachteiligung und Ausgrenzung und spaltet unsere Gesellschaft.
Wir leben in einer vielfältigen Einwanderungsgesellschaft. Diese Vielfalt stellt eine große Bereicherung dar, die jedoch gleichzeitig mit der Aufgabe einhergeht, eine gerechte und diskriminierungsfreie Teilhabe am gesellschaftlichen, sozialen, ökonomischen und politischen Leben für alle Menschen zu gewährleisten.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtiger denn je, Rassismus auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen entschieden entgegenzuwirken. Es braucht ein Paket von Maßnahmen (von Aufklärung bis Strafverfolgung), um gezielt gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, rassistische Diskriminierung, Hetze und Hass vorzugehen.
Ein elementarer Schritt dafür ist die Erstellung eines Landesaktionsplans gegen Rassismus. Dieser soll die zukünftigen Leitlinien des Landes Niedersachsen zur frühen Prävention und effektiven Bekämpfung von Diskriminierungsstrukturen, Ausgrenzung und Gewalttaten bündeln und weiterentwickeln sowie zu Sensibilisierung und Aufklärung beitragen.
Der Landesaktionsplan soll dabei auf schon bestehende Strukturen zurückgreifen, bündeln und diese weiterentwickeln. Im Rahmen der Erarbeitung von Inhalten und Maßnahmen ist eine breite Beteiligung aller gesellschaftlichen Akteure, der Religionsgemeinschaften, der Wissenschaft und der Wirtschaft erforderlich. Ziel des Landesaktionsplans muss es sein, Rassismus, Macht- und Herrschaftsverhältnisse sowie aus diesen resultierenden Formen der Exklusion und Benachteiligung abzubauen und die Förderung der inklusiven Gesellschaft, in der alle Menschen in Niedersachsen gleichberechtigt und friedlich leben können, festzuschreiben.
Eine wiederkehrende Veranstaltungsreihe soll als Diskussions- und Kommunikationsplattform des Landesaktionsplans dienen.
Der Landtag bittet die Landesregierung,
1. einen Landesaktionsplan gegen Rassismus zu erstellen, der die bestehenden Konzepte antirassistischer Arbeit aller Ressorts aufgreift, weiterentwickelt und nachhaltig implementiert. Dabei sollen insbesondere folgende Schwerpunkte aufgegriffen werden:
a) Sensibilisierung der Gesellschaft für Rassismus, Abwertungsmechanismen und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, sowie die Förderung von transkultureller Kompetenz und gesellschaftlichem Dialog.
b) Im bestehenden Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte einen Schwerpunkt für die Wertschätzung einer Kultur der Vielfalt zu setzen, dies soll u.a. durch ein breites Angebot an Fort- und Weiterbildungen gefördert werden.
c) Stärkung von antirassistischer und diskriminierungssensibler Bildungsarbeit auf allen Ebenen in unseren Bildungseinrichtungen.
d) Berücksichtigung des AGG (Allgemeines Gleichstellungsgesetz) im Land Niedersachsen, einschließlich vorhandener Beschwerdestellen und ggf. des Abbaus möglicher Schutz- und Beratungslücken.
e) Prüfung, wie innerbetriebliche Beschwerdestellen unter Einbeziehung der guten Erfahrungen aus Baden-Württemberg oder Hamburg auch als fester interner wie externer Ansprechpartner für rassistische Vorfälle und zur Verhinderung von institutionellem Rassismus ansprechbar sind.
f) Schutzmaßnahmen für körperliche und psychische Unversehrtheit, unter anderem auch bei rassistischer Hetze im Internet, zum Beispiel in Form von Beratung oder verbesserter Strafverfolgung).
g) Schaffung einer regelmäßig aktualisierten und landesspezifischen wissenschaftlichen Grundlage für den Ausbau und die Anpassung von nachhaltigen Maßnahmen zur Prävention von Rassismus und Diskriminierung in Niedersachsen.
2. die Ziele des Landesprogramms für Demokratie und Menschenrechte mit den Zielen der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus abzugleichen und gegebenenfalls zu ergänzen.
Begründung
Auf Initiative des Praxisbeirats des Landesprogramms für Demokratie und Menschenrechte haben staatliche und zivilgesellschaftliche Vertreterinnen und Vertreter mit Unterstützung der Koordinierungsstelle des Landesprogramms im Landespräventionsrat am 11. März 2020 ein ressortübergreifendes Konzept für einen Aktionsplan „Wir sind Niedersachsen. Für Vielfalt gegen Rassismus“ erarbeitet.
Die Initiative für den Aktionsplan ist im Sommer 2020 durch die damalige Landesregierung aufgrund der coronabedingten Gegebenheiten nicht umgesetzt worden. Auf dieser Grundlage kann nun aufgebaut werden, um dem enormen Handlungsbedarf wirklich gerecht zu werden.
Ein wesentliches Ziel des Landesaktionsplans ist die Schaffung eines stärkeren Bewusstseins für Rassismus in der Bevölkerung. Dies wird nur gelingen, wenn bei der Erarbeitung der Inhalte und Maßnahmen des Landesaktionsplans eine breite Beteiligung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen und Bereiche sichergestellt wird. Essentiell für den Erfolg des Landesaktionsplans ist, dass der begleitende Beteiligungsprozess möglichst niederschwellig gestaltet wird.
Der von der Bundesregierung am 25. November 2020 verabschiedete „Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ wird ausdrücklich begrüßt. Die Inhalte des Maßnahmenkatalogs des Bundes sind im Hinblick auf das Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte sowie den zu erarbeitenden Landesaktionsplan gegen Rassismus zu berücksichtigen und ggf. zu ergänzen.